Das Interview

Wann es begann? Ich weiß nicht -
schon als ich jung war, als Kind,
ich war immer diejenige, die, also,
Sie kennen das, die beim Indianerspiel
an den Baum oder so gebunden wurde.
Ich liebte das, es war, es war, es war so -
ich war voller Adrenalin!
Ich liebe das heute noch, angebunden, hilflos,
an einem Pfahl oder so, meine Arme so nutzlos...

Und später? Sklavenfilme, kennen Sie die?
So alte, die werden heute gar nicht mehr produziert,
irgendwer gerät in Gefangenschaft,
so alte Römer-Filme, das machte mich unheimlich an.
Es erregt mich heute noch.
Galeerenfilme, Ketten, Schläge, Aussichtslosigkeit,
irgendwie regte mich das an.
Ich habe mir vorgestellt, geschlagen zu werden, erniedrigt,
gefangen, gebraucht, also, benutzt eben. In der Phantasie.
In meiner Phantasie. Ich mag es, gequält zu werden.

Heute, wenn ich im Bett liege, vor dem Einschlafen,
ich erzähle mir sozusagen selbst eine Geschichte,
ich tauche in meine Phantasie ein,
ich lebe dann in einer anderen Welt,
wo ich die Sklavin bin,
wo ich sein kann wie ich gerne wäre.
Warum gibt es keine Domina-Studios für Frauen?

Sklavin, warum geht das nicht in Realität?
Eine Frau ohne Selbstbewusstsein, das ist schon falsch,
ich bin ziemlich selbstbewusst,
alle meine Freunde kennen mich so,
aber ich will in eine Rolle schlüpfen,
wo ich geführt werde, wo ich mich aufgeben kann,
wo ich nicht mehr ich sein muß
- selbstverantwortlich, alles im Griff, selbstsicher,
'emazipiert', oh Gott, wenn ich das schon höre!

Also, ich glaube, ich möchte Sklavin sein, also,
nicht spielen,
ich, es hat was mit Power And Control zu tun,
beherrscht zu werden, geführt zu werden, und so...

Ob meine Freunde, meine Familie davon wissen?
Nein, bestimmt nicht.
Es dürfte mein bestgehütetes Geheimnis sein.
Wenn ich einen Freund habe, dann teste ich manchmal an,
ob er was damit anfangen kann. Also, zum Beispiel
wenn man sowas im Fernsehen sieht. Oder in einer Zeitschrift.
Aber ich kenne die Reaktionen, keine Chance. Schade.
Oder vielleicht besser so, ich weiss nicht.
Bestraft werden, Schmerz fühlen, Unterdrückung,
das könnte ich in meinem normalen Leben nicht ertragen,
ich würde aufbegehren - ich begehre auf,
aber in meiner Rolle, das soll so echt wie möglich sein,
und das macht die Rolle eigentlich aus.

Ich gehöre dir, das ist es. Mein Körper, nicht mehr mein,
sondern dein, ich gehöre dir, du besitzt mich.
Es ist ein tolles Gefühl, jemandem zu gehören.

Ich habe mir das ausgesucht, freiwillig, ich wollte das.
Ich will das. Er kennt meine Grenzen, er hält sie ein.
Er führt mich in seine Phantasien, dahin, wo ich, ähm,
woran ich selbst noch nicht gedacht habe.
Aber, also, ich geniesse es, besessen zu werden,
zu tun was jemand anders mit mir macht. Ich bin so.
Und ich kann jederzeit aufhören. Das Safeword beendet alles,
aber soweit will ich gar nicht gehen, soweit wird er nicht gehen.
Er wird ein bisschen weiter gehen als ich selbst will,
er dehnt meine Grenze, aber ich habe Vertrauen,
ich vertraue ihm vollkommen. Er wird mich niemals enttäuschen,
aber ich ihn auch nicht. Ich bin ihm hörig, kann man das so sagen?

Tja, ich bin Sklavin, sozusagen im Kopf, Kopfkino,
ich möchte es sein, aber ich könnte es jederzeit beenden.
Aber ich will das gar nicht beenden.
Jedesmal wenn ich in die Realität zurückkehre,
ist es, ähm, also, es ist wie ein Abschied,
es ist, ich würde gerne wieder zurück, in meine Rolle,
aber ich muß in mein Leben zurück. Irgendwie schade,
aber irgendwie auch so dass ich mich auf das nächste Mal freue...

Also, Leder. Lederriemen, um die Gelenke, um meinen Hals,
Ketten, Schlösser, ähm, Augenbinden, Bodys, Stiefel,
hab ich was vergessen? Overalls. Korsetts. Keuschheitsgürtel.
Überhaupt Metallwaren, also, so ein Metallslip, Body.
Was noch - alles was in mich rein geht, also in meinen Mund,
meinen Schritt, meinen Po. Magst du meinen Po?
Peitschen. Eis. Kerzenwachs. Hmm, reicht das?

Bondage, meine Arme gebunden, nackt sein, aufgehängt, hmmm...
Augen zu, blind gemacht, nur auf meinen Körper konzentriert,
fühlen, manchmal schmecken und riechen, alle Sinne, also,
Fetisch, ja, also, Latex, schwitzen, ganz und gar eingepackt sein,
jede Faser meines Körpers spüren.
Sensual, das trifft es glaube ich ganz gut.
Kennst du den Geruch von Latex? Den Geschmack?
Ich liebe den Anblick, das Glänzen schwarzen Gummis,
oder das Quietschen, wenn Latex auf Latex reibt.

Haut, klar, Haut, meine eigene, zu fühlen, Schmerz,
aber auch streicheln, gestreichelt zu werden,
ich bin sehr, also, wie sagt man, 'sensual',
weisst du was ich meine? Haut, oh, schwarze Haut,
ich träume davon, also, ich meine, ich und eine andere Sklavin,
eine schwarze, also...

Was ich nicht mache? Also, er weiss das. Er kennt meine Grenzen,
ich hab sie ihm gesagt, also, eigentlich hat er gefragt,
und, wir spielen ein Spiel, gemeinsam, ein Rollenspiel,
es gibt einige 'nevers', und die haben wir nie gemacht.
Das ist ok so, auch wenn ich heute weiter bin als ich angefangen habe.
Woran man das sieht? Ok, früher wäre ich gestorben,
wenn ich mit einem Halsring hätte einkaufen gehen muessen.
Oder mit gefesselten Händen.
Heute ist das für mich immer noch etwas besonderes,
aber ich geniesse die Blicke der Leute, die sich umdrehen,
die hinterhergucken, die über mich reden.
Manchmal sehe ich buchstäblich wie sie gerne
mit mir tauschen wuerden
solange sie immer die Möglichkeit haben,
in ihr Leben zurückkehren zu können.
Sie trauen sich nicht. Ich schon.
So ist das mit mir. Das ist mein Leben, mein geheimes, eigenes Ich.
Ich habe es. Es ist, ähm, thrilling, verstehst du?

Woran ich mich erinnere? Es sind soviele -
es sind seine Phantasien.
Der Kinobesuch im Sweatshirt, auf dem Sklavin steht.
Der Baum im Stadtpark, nachts um drei Uhr,
das Geräusch der Peitsche.
Eine Nacht stehend auf dem Balkon, nackt, hilflos.
Hmmm, viele Ideen,
zum Beispiel blind durch die Stadt gezogen.
Wir haben in Österreich eine Erotik-Messe besucht,
ich an der Leine, halbnackt.
Christopher-Street-Day, auch an der Leine.
Ganz normale Situationen, also hier in der Wohnung,
in meiner Ecke sitzen bis er mir etwas befiehlt.
So vieles. Einkaufen für ihn.
Oh ja, der Urlaub. Wir waren auf Gran Canaria.
Und ich war zwei Wochen lang seine Sklavin, ständig,
überall, beim Essen - ich mußte auf dem Boden sitzen -
am Strand, abends in der Disko -
ich war seine Sklavin und alle drum herum starrten mich an.
Ich bin es.

Ob das wie zusammenleben ist? Also, ich bin hier wenn er es will und
weil ich es will. Aber nicht immer wenn ich will läßt er mich
und manchmal ruft er mich und ich habe zu gehorchen. Ich bin
sozusagen part-time-Sklavin - Mist, ich war zu lange in den Staaten,
zu viele Anglizismen, aber die treffen es eben ganz gut.
Ich bin dann seine richtige Sklavin, ja. Ich gehöre ihm.
Auch wenn ich bei mir zu Hause bin, ich trage seine Zeichen,
hier, siehst du? Ich bin seine Sklavin, auch wenn ich sozusagen frei bin.
Wenn ich hier bin, mache ich was er sagt, solange er will.
Ich schlafe vor seinem Bett. Oder am Fußende.
Manchmal darf ich in die Box und darin schlafen,
manchmal stehe ich die ganze Nacht angebunden,
manchmal gefesselt irgendwo, wenn er es will.
Ich mag es, gebunden zu sein.
Oder einfach nur hier zu sein, auf ihn zu warten,
zu tun was zu tun ist, eben was so alles dazu gehört.
Gerufen oder weggeschickt, wie immer er es will...

kathleen, 24 Jahre